Pressemitteilung der a|e GALERIE

Ausstellung „Blaues Wunder – Weißes Gold“

Porzellan und Keramik

Ausstellungsdauer: 10. September bis 8. Oktober 2016 Mi – Fr 15 – 19 Uhr und Sa 12 – 16 Uhr
8. Oktober 12 – 21 Uhr
Zusatztermine sind nach telefonischer Absprache möglich

Finissage: Samstag 8. Oktober um 18 Uhr

Vortrag und Film von Tineke van Gils „Blanc de Chine, das schönste Mädchen in der Klasse“ über die
Herstellung von Porzellanerde und Porzellan in
der chinesischen Provinz
In einzigartigen Filmbeiträgen zeigt die Niederländerin fast archaische Methoden um Porzellanerde zu bearbeiten. Sie selbst stellt an unterschiedlichen Orten ihre wunderbaren Teekannen her, unter anderem auch für die Stadt Delft.
www.tinekevangils.com

Künstler der Ausstellung: Martina M. Thies, Petra Weifenbach, Tineke van Gils, Andree Weissert & Mia Grau mit Heike Tropisch

Am Tag der Finissage ist die Ausstellung von 12 – 21 Uhr geöffnet

Wie ein blaues Band schlängeln sich Wolken und Wellen auf dem Porzellan der Ming Dynastie. Weiter westwärts sammelt Sultan Süleyman der Prächtige (1495-1566) und seine Nachfolger das weiße Gold aus China in Istanbul. Die Schlangenlinie, ursprünglich eine Verbindung von Drachen und Schlangen, wird losgelöst von ihrer Symbolik. Von Istanbul zur türkischen Stadt Iznik (antikes Nicaea) gelangen die Motive auf die dortige Produktion von Tellern, Schalen, Krügen und vor allem Fliesen. Letztere lassen sich wiederum bewundern in der Blauen Moschee oder in der kleinen Rüstem Pascha Moschee in Istanbul. Pflanzen- und Blütenmotive als Hinweise auf das Paradies finden sich im Zusammenspiel mit Wolken und Wellen. Der Granatapfel als Fruchtbarkeitssymbol wandelt sich weiter und wird bei den „Ungläubigen“ im Okzident zum profanisierten Zwiebelmuster. Da kommen einem wirklich die Tränen! Die ganze Bandbreite dieses Motivtransfers lässt sich in der Galerie nicht präsentieren, nur ansatzweise, repräsentativ. Martina M. Thies, selbst Keramik-/Porzellankünstlerin wird hier als Kuratorin tätig. Thies (geb. 1961) hat den richtigen Dreh für Schalen auf Scheibe in Berlin und an der Cranbrook Academy of Art in Bloomfield Hills/Michigan erlernt. Von 1995 bis 2001 war sie in Tucson/Arizona künstlerisch und lehrend tätig. Vom Osten - Reich der Mitte - bis Ostfriesland begibt sie sich auf Spurensuche. Schwerpunkt ist dabei das „Friesisch-Blau“ und die individuelle Erinnerungskultur. Interviews hat sie geführt, wird dies fortsetzen und damit ihre Installation aus Textilien, Texte, Fotocollagen und Porzellanobjekten erweitern. Thies hat als blaue Wundertäterin die Niederländerin Tineke van Gils (geb. 1953) ausgewählt. Diese bewundernswerte Autodidaktin entstaubt das berühmte Delfter Blau und verleiht ihm eine zeitgenössische Frische. Ihre kostspieligen Unikate sind selbst in drei chinesischen Keramikmuseen vertreten. So wandert das Blaue Wunder wieder zurück in sein Herkunftsland.
Scherben müssen sterben. Nicht bei der in Köln wirkenden Petra Weifenbach (geb. 1961). Sie nutzt Keramik- und Porzellanfrag-mente und ergänzt sie zeichnerisch zu humorvoll-ironischen Kompositionen. Zitate aus der Kunstgeschichte finden sich neben Alltagsmomenten, die teils wie Keramikkarikaturen wirken. In „Holland in Not“ gehen die Delfter Windmühlen baden ...
Dagegen lassen sich Atommeiler statt Windmühlen einsetzen. Mia Grau, Regisseurin, und ihr Partner Andree Weissert, Architekt, sind die Urheber der radioaktivarmen Wandteller. Wie bei Weifenbachs „Holland in Not“ beginnt auch hier ein irritierendes Spiel mit dem Delfter Blau. Irrtum von Billigstrom gegen Idylle blaugetränkter Landschaft. Das Künstlerduo konnte Heike Tropisch als Porzellanmalerin gewinnen, die die Meiler inmitten von Weizenfelder ins Tellerrund bannte. Auf dem Tellerrand: Symbole für Radioaktivität zwischen Ranken und Wellen. Die Halbwertzeit der Tellerzutaten ergibt nach 20 Jahren die chemischen Elemente H1U2M3O4R5. Unbedenklich für die Volksgesundheit. „Blaues Wunder – Weißes Gold“ zeigt die individuellen Ansätze hervor-ragender Künstler und Künstlerinnen und überzeugt wiedermal, dass sich Porzellan und Keramik neben den klassischen Kunstgattungen längst eigenständig nobilitiert haben.

Angelika Euchner, Potsdam, im September 2016

a|e Galerie Charlottenstrasse 13, 14467 Potsdam aeuchner@mail.de und 0178-6028210