Pressemitteilung der a|e GALERIE

Ausstellung „Identitäten - Metamorphosen“

vom 21. Januar 2017 bis 1. März 2017
Vernissage: Freitag, den 20. Januar 2017
um 19 Uhr geöffnet bis 21:30 Uhr

Was wir in der Tier- und Pflanzenwelt besonders schätzen und für Schützenswert halten ist die Biodiversität. Doch wir tun uns im alltäglichen Miteinander schwer mit Andersartigkeit und den auf den ersten Blick nicht eindeutig zu identifizierenden Mitmenschen. Es erleichert die Kommunikation und unser Handeln, wenn wir erkennen, ob wir es mit einem Cowboy oder einem Chinesen zu tun haben. Multiethnisches Aussehen verunsichert uns. „Ein irritierender Moment wird erzeugt, wenn die abgebildete Person nicht sofort an geschlechterspezifischen Merkmalen einzuordnen ist. Ist es doch eine konditionierte Herangehensweise der Betrachtenden, sich unter anderem an Kleidung, Körperhaltung, Mimik und Umgebung zu orientieren, um das Abgebildete zu lesen und einzuordnen,“ schreibt Yvonne Most. Aus ihrer Serie „ErSieEs“ zeigt die Galerie vier Fotografien. Yvonne Most gelingt es, die innewohnende, androgyne Schönheit der Porträtierten ins rechte Licht zu rücken und ihnen dabei ganz nahe zu kommen. Frank Gaudlitz, der immer wieder mehrmonatige Südamerikareisen unternommen hatte, entdeckte an den Ufern des Amazonas transsexuelle Persönlichkeiten. So entstanden in den Wintermonaten 2013 bis 2015 etwa 100 Porträts. Seine Amazonen schminken sich gerne stark, putzen sich heraus und einige setzen sich für die Anerkennung ihrer weiblichen Geschlechtsidentität ein. „Sind Geschlechtlichkeit und Sexualität unter den Vorzeichen des Transgenders für die Frauen verstärkt identitätsbestimmende Faktoren, ist es Gaudlitz darüber hinaus in seinen Darstellungen daran gelegen, mit Würde und Respekt auf individuelle Persönlichkeiten zu blicken, sie in ihrer ganzen Vielfalt und Individualität zu zeigen“ beschreibt es Claudia Schubert im Buch „Amazo“. Frauke Danzer arbeitet schon lange intensiv mit modellhaften Hybriden, Zwitterwesen, deren abgestreifte Hüllen und Kleider die Identität des Trägers hinterfragen. Ihre Mehrdeutigkeit provoziert den Betrachter und setzt seine sensibilisierte Wahrnehmung voraus. Zarte Collagen bilden innere Bezüge zu den auf Drahtgestell drapierten Papierskulpturen, den „Prinzessinnen“. Anja Isabel Schnapka verwendete eigene analoge Fotos, die in den letzten 20 Jahren entstanden sind. Jetzt hat sie diese als Ausgangsmaterial digitalisiert, fügte Gesichtern Bildschnitte zu, die wie Wunden oder seelische Verletzlichkeiten wirken oder versteckt die Augenpartie hinter einer Maske. Adam Sevens begibt sich auf eine ganz persönliche Spurensuche. Seine Mutter, Künstlerin, erkrankte an Schizophrenie. Die Matroschka wurde dabei ein Leitmotiv ihrer Malerei und für Sevens zum Sinnbild bei seiner Recherche in die Vergangenheit. „Wer bin ich und wenn ja, wieviele ?“ ist man versucht wie Richard David Precht in seiner Veröffentlichung von 2008 zu fragen. Aber für den jungen Fotografen Sevens ist es eine zutiefst berührende ernsthafte Familiengeschichte, deren Schwere er Momentaufnahmen der Leichtigkeit mit seinem kleinen Sohn am Strand entgegensetzt. In seinem Künstlerbuch hat er seine Zwischenergebnisse festgehalten. Der Titel „Harald Schmidt hat gesagt, ich darf heute nur drei Gummibärchen essen“ ist ebenfalls der Titel für sein hier präsentiertes „work in progress“. Martin Noll wurde in der Bibliothek von Schloss Hundisburg bei Magdeburg fündig. Er benutzte Holzschnitte als Bildvorlagen, löste sie aus ihrem Kontext, sodass sie ganz einfach in ihrer Ausführung scheinen. Ihre Bedeutung bleibt aber kryptisch und setzt Erkenntnisvermögen beim Betrachter voraus. Metamorphosen lassen sich erahnen wie etwa die in einen Lorbeerbaum verwandelte Daphne oder den in einen Hirschen verwandelten Jäger Aktaion. Er wurde von Artemis bestraft, weil er sie und ihre Nymphen im Bade beobachtet hatte. Metamorphose als Identitätsverlust? Menno Veldhuis arbeitete mit den Fotografen Michael Lüder und Klaus Fahlbusch zusammen, um seine Bildideen umzusetzen. Er hat einen jungen Protagonisten ausgewählt, der „Van Gogh“ ähnlich sieht, alter ego von Veldhuis. Ihn lässt er im Freien spazierengehen oder stellt ihn fatalistisch auf Eisenbahnschienen. Der Gesichtsaus- druck schwankt zwischen Verhaltenheit, Skepsis und Neugier. Wolf Nkole Helzle gelingt mit seinem „Homo universalis“ ein wortwörtlich vielschichtiges Gesamtporträt der Region Oberschwaben. Über 3.300 Einzelporträts aus 13 Nationen wurden dazu fotografiert. Es sind Menschen, die sich mit dieser Region identifi-zieren. „Ich bin nicht Stiller“, behauptet die Hauptfigur in Max Frischs Roman. Er lehnt die ihm zugewiesene Identität (lateinisch idem „derselbe“, „dasselbe“) rigoros ab und gerät in einen Identitätskonflikt. Eine Entität kennzeichnet mich als Individuum und unterscheidt mich von meinen Artgenossen. Yvonne Most schreibt: „In der Reflexion über Identität und Körperlichkeit ist das beladene Wort Heimat nicht abwegig: sich in der eigenen Haut wohlfühlen, einen Platz finden in sich und in der Umwelt, die Heimat im eigenen Körper. Das „Dazwischensein“ ist viel mehr Normalität, als es uns unsere Vorstellung davon suggeriert“ (aus: der Freitag, Nr.40, 4. Oktober 2012)

Dr. Angelika Euchner
Potsdam, im Januar 2017

a|e GALERIE
Charlottenstrasse 13
14467 Potsdam
aeuchner@mail.de und 0178-6028210

Ausstellungsdauer: vom 21. Januar 2017 bis 1. März 2017 Mi – Fr 15 – 19 Uhr und Sa 12 – 16 Uhr
Zusatztermine sind gerne nach telefonischer Absprache möglich