Pressemitteilung der a|e GALERIE

Einladung zu Lesung und Vortrag

am Donnerstag, 15. Juni 2017 um 19 Uhr

Dr. Necla Kelek liest aus „ Die fremde Braut“
und berichtet über ein Frauenprojekt in der Südosttürkei
Anmeldung erforderlich Eintritt 5 Euro


Im Rahmen der Ausstellung „Beret Hamann – Istanbul – Auf den Spuren von Hüzün“ liest die Soziologin aus ihrem Buch. Der Untertitel „Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutschland“ ist nach wie vor aktuell. Nur Keleks Kindheit in Istanbul (Kadiköy) in den 60er Jahren war von westlicher Lebensweise geprägt. Man kopierte amerikanische Mode und Frisuren der Filmstars. „Meine Mutter hat nie Kopftuch getragen, es wäre ihr auch im Traum nicht eingefallen und damals ohnehin in Istanbul unmöglich gewesen.“ (S. 72) Ihre Familie besuchte regelmäßig Konzerte und Freilichtkinos. Man fuhr amerikanische Autos und liebte die „moderne“ Lebensweise. Gleichzeitig feierte man den Monat Ramadan und das Opferfest, „weil sie ein Teil der gesellschaftlichen Kultur sind.“(S.72)

Beret Hamann aus Potsdam kam als Stipendiatin des Landes Brandenburg zum ersten Mal im Herbst 2015 nach Istanbul. Im Oktober und November hat sie die kontrastreiche Stadt als Fotografin erkundet, den konservativen Stadtteil Sultanahmet und das westlich geprägte Beyoğlu. Sie wohnte auf der asiatischen Seite in Kadiköy. Etwa 15 Fotoeinsichten aus dieser Zeit sind in der Galerie ausgestellt. Angeregt wurde Hamann u.a. auch von Necla Keleks Lektüre und so führte dies konsequenterweise zu Interviews mit türkischen Frauen. Sie erzählen von ihrem Alltag, eingebettet in mehr oder minder muslimische Lebensweise und ihren Zukunftsvorstellungen. Die Gespräche – in Englisch und Deutsch geführt – kann man sich in Ruhe anhören, mit den Porträts der Frauen vor Augen. Hamann besuchte im Februar 2016 erneut Istanbul und nach dem Putsch im Juli 2016 war sie im September dort. Sie kann mittlerweile nachempfinden, was die „Hüzün“- Stimmung bedeutet. Necla Kelek beschreibt Hüzün als den Blues der Muslime. Im alltäglichen Sprachgebrauch bedeutet es „Melancholie, Schwermut Trauer, Sehnsucht“. „Auf Istanbul bezogen ist „Hüzün“ der Schmerz über den Zerfall und die Zerstörung, über das Verlorene und über die Armut, die Einzug in die Stadt gehalten hat“ (Die fremde Braut, S. 74). Orhan Pamuk und Nazim Hikmet haben ausführlich über diese Stimmung geschrieben. Ebenso Hilmi Yavuz in seinem Hikmet gewidmeten Gedicht mit den Anfangszeilen: „Es ist Hüzün, was uns am besten kleidet, und was wir vielleicht am besten verstehen.“ Orhan Veli beginnt mit: „Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen...“ Byzanz – Konstantinopel – Istanbul evozieren jeweils typische Bilder ihrer Zeit. Bosporusdampfer sowie das Kreisen und Kreischen der Möwen, der lautsprecherverstärkte Muezzinruf vom Minarett und die wenig erhaltenen, verfallenden Holzhäuser wie wir sie aus Ara Gülers Schwarz-weiß-Fotografien kennen, charakterisieren Hüzün. Die allmählichen Änderungen in der Stadt bis zu ihrem letzten Aufenthalt Ende März 2017 hat Hamann in ihren Farbfotografien dokumentiert. Die brutalen städtebaulichen Eingriffe, wie das Niederreißen des Roma-Viertels Sulukule oder Talerbasi konnten von der Zivilgesellschaft (Gezi-Park-Proteste 2013) nicht verhindert werden. Das Istanbul-Modern-Museum mit seiner attraktiven Lage am Bosporus soll 2017 von diesem Ort weichen. Jetzt kippt die leichte Schwermut in eine fatale Stimmung. Islamisierung und eine staatlich vorgegebene einseitige Denkweise dominieren. Atatürks säkular geprägte Republik verschwindet. Neben den großformatigen Fotografien werden in der a|e GALERIE kleinere Bildmotive präsentiert, die der Besucher schon während der Ausstellungszeit aussuchen und erwerben kann.

Dr. Angelika Euchner
Mai 2017

a|e GALERIE
Charlottenstrasse 13
14467 Potsdam
aeuchner@mail.de 0178-6028210 und Galeriebüro: 030-8034935

Ausstellungsdauer: 6. Mai bis 23. Juni 2017
Am 25. Mai geschlossen
Mi – Fr 15 – 19 Uhr und Sa 12 – 16 Uhr
Zusatztermine sind gerne nach telefonischer Absprache möglich.